Bildbeschreibung
Aufteilung
Licht
Farben
Symbole
Kontext
Der Aufsatz
Tipps
Wie die Überschrift schon sagt, beginnt man zunächst mit einer Beschreibung des vorliegenden Materials. Das bedeutet, du schreibst auf, was man auf dem Bild alles erkennen kann. Und zwar möglichst detailreich und in einer logischen Reihenfolge.
Dies erreicht man nicht, wenn man einfach drauflos schreibt, nach dem Motto: „Ach, jetzt habe ich dies erkannt, schreibe ich mal auf, dann sehe ich jenes, schreibe ich auch mal auf, oh, da habe ich etwas beim ersten Mal übersehen, schreibe ich jetzt aber lieber auch noch auf …“
Auf die Art entsteht ein chaotisches Zickzack, genauso chaotisch, wie der Blick des Betrachters über das Bild gewandert ist. So also nicht!
Zunächst betrachtest du dir das Bild gründlich. Als schlauer Fuchs hast du dir vielleicht sogar eine Tabelle angelegt, in der du alles sorgfältig notieren kannst, um später nichts zu vergessen:
Personen | Gegenstände | Farben | Formen |
Als erstes fängt man aber mit den Formalitäten an (Nein, noch nicht den Aufsatz, das sind nur die Vorarbeiten! Wehe, jemand fängt jetzt schon an zu schreiben!):
Die Aufteilung
Ein Bild hat vier Ränder, vier Ecken, einen Vordergrund, einen Hintergrund und einen Mittelpunkt. Allein hier stecken bei einer gründlichen Beschreibung schon 11 Punkte drin.
Du hast die Freiheit, richtig mit dem Material zu arbeiten, das dir ausgeteilt wurde, es ist deins. Also, nimm dir ein Lineal und teile das Bild in kleinere Abschnitte, damit du anschließend Aussagen wie diese machen kannst:
- Im Mittelpunkt des Bildes befindet sich die Hauptfigur auf ihrem Pferd.
- In der linken oberen Ecke erkennt man Umrisse eines Turms.
- Rechts unten am Bildrand verläuft das Ufer eines kleinen Teiches.
- Der Baum in der rechten unteren Ecke trägt keine Blätter.
- Im Vordergrund sieht man ein Fischerboot mit Netzen, im Hintergrund türmen sich Meereswellen.
Es ist hilfreich, erst einmal festzustellen wo die hellsten und wo die dunkelsten Stellen eines Bildes liegen und ob es viel oder eher weniger Kontrast gibt. Auch kannst du Aussagen darüber machen, von woher das Licht kommt.
Die hellsten sind gewöhnlich die Stellen, auf die der Künstler Aufmerksamkeit lenken will, mit denen musst du dich besonders gründlich befassen.
Farben sind sehr wichtig! Wusstest du, dass es eine eigenständige Psychologie der Farben gibt? Falls nicht, solltest du dich dringend einmal damit beschäftigen.
Auf der ersten Ebene erinnern uns Farben natürlich an Dinge, die wir sehen.
- Gelb = Sonne
- Rot = Blut
- Grün = Pflanzen
- Braun = Erde
- Blau = Himmel/Wasser
Auf einer weiteren Eben stehen sie damit symbolisch für
- Gelb = Wärme, Fröhlichkeit, Freiheit
- Rot = Tod, Gewalt, Gefahr, Liebe
- Grün = Natur, Frühling, Hoffnung
- Braun = Herbst, Erdverbundenheit
- Blau = Kühle, Geist
- Schwarz = Nacht, Tod
- Weiß = Reinheit, Unschuld
- Lila = Spiritualität (Kirche, Religion)
- Gold = Reichtum, Herrschaft
Mach dir ordentlich Gedanken über die Farben, die verwendet wurden! Künstler suchen sie sich genauso sorgfältig aus, da ist nichts dem Zufall überlassen.
Symbole
Symbole sind Gegenstände, Wörter oder Zeichen, die als Platzhalter für eine bestimmte Bedeutung funktionieren. Jeder weiß zum Beispiel, dass das Kreuz ein Symbol für das Christentum ist, darüber muss man gar nicht sprechen.
Wahrscheinlich kennst du auch diese hier:
- Taube = Frieden
- Löwe = Mut
- Bär = Stärke
- Schlange = Teufel
- Wolf = Gefahr, Aggressivität
- Schmetterling = Verwandlung
- Kuckuck = Betrug
- Schwein = Glück
- Rose = Liebe
- weiße Lilie = Tod
- Margerite = Unschuld
- Kleeblatt = Glück
Andere Symbole wiederum sind nicht mehr so bekannt. Wenn man sie entdecken und deuten will, braucht man einen stabilen Hintergrund in Geschichte und Literatur.
Beispiel: Tarotkarten eignen sich wegen ihrer ausgeprägten Symbolsprache immer gut zum Üben. Hier ist die Karte Nr. 2 aus dem Rider-Waite-Deck: „Die Hohepriesterin“
Was sieht man alles für Gegenstände?
Zwei Säulen, einen Vorhang mit Granatapfelmuster, eine Krone aus einer Scheibe und Hörnern, ein Kreuz, eine Schriftrolle, einen Halbmond, ein hellblaues Gewand mit Umhang, Wasser
Deutung:
- Säulen = Tempel
- Vorhang = Geheimnis
- Granatapfel = Unterwelt/Unterbewusstsein
- Scheibe = Sonne
- Hörner = ägyptische Göttin Isis, Priesterin
- Kreuz = Christentum, Priesterin
- Schriftrolle mit dem Wort „Tora“ = Judentum
- Halbmond = Islam
- Gewand mit Krone = Hohepriesterin
Alle diese Symbole lassen sich hervorragend zu einem Gesamtzusammenhang deuten. Aber wie du siehst, musstest du dich dafür in ägyptischer und griechischer Mythologie und Religion auskennen. Farben und Bildaufteilung kämen ebenfalls noch dazu.
Kontext
Richtig tief kann man in eine Bildbschreibung nur hineingehen, wenn man ausführliche Hintergrundinformationen besitzt. Über den Künstler, seinen Stil, den allgemeinen Stil seiner Epoche und die populären Themen seiner Epoche.
Jede Epoche hat ihre eigenen Lieblingsfarben, Lieblingsmotive und spezielle Symbole, die gerade „in“ waren/sind. Wenn man darüber etwas weiß, kann man noch viel fundiertere Aussagen über ein Bild machen.
Hier greift das Thema Bildbeschreibung zum Fach Geschichte hinüber: In Geschichte kann man es in Klausuren und auf jeden Fall im Abitur mit Karikaturen, Plakaten oder zeitgenössischen Gemälden zu tun bekommen. Einen Teil der Punkte erhält man für eine ordentliche Beschreibung, aber noch viel mehr Punkte sind machbar, wenn man das Material korrekt in den historischen Zusammenhang einordnen kann. Das geht natürlich nur, wenn man die geschichtlichen Hintergründe kennt.
Für unser Beispiel oben wäre es z.B. hilfreich, wenn man ein wenig Bescheid über das Umfeld der Tarotkarte wüsste. Dass diese Karte zum Beispiel ein Teil eines Decks mit insgesamt 78 Karten ist, wobei nur ein Teil davon von 0-22 durchnummeriert ist, die so genannten „Großen Karten“. Vor der Hohepriesterin steht mit der Nr.1 „Der Magier“, nach ihr mit der Nr. 3 „Die Herrscherin“.
Zur Zeit, als die Bilder der Karten entworfen wurden, waren Ägypten und ägyptische Geheimlehren sehr populär, das spiegelt sich in vielen Symbolen wider. usw.
Der Aufsatz
Und erst, wenn du bis hierhin mit deinen Vorarbeiten gekommen bist, kannst du beginnen, den Aufsatz zu schreiben! Wie immer fängst du ihn mit dem klassischen Basissatz an. Die Informationen, die du dafür brauchst, pflegen über oder unter dem Material zu stehen.
Bei dem Bild „Die Hohepriesterin“ handelt es sich um eine Tarotkarte aus dem von Pamela Coleman Smith und A.E. Waite entworfenen Deck, das erstmals 1909 bei der Rider Company veröffentlich wurde. Aus einem Zyklus von 22 Karten ist dies die Nummer Zwei.
Es folgt der Hauptteil mit Bildaufbau, Licht, Farben und Gegenständen. Anschließend kommt die Deutung. Du hast vielleicht erkannt, dass die Themen dieser Abbildung Religion, Geheimwissen, Intuition und Vereinigung von Gegenteilen sind. Also hebst du dich jetzt noch einmal eine Ebene darüber und spekulierst, was die Künstlerin dem Betrachter damit nahe bringen möchte.
Mach dir doch mal deine eigenen Gedanken, bevor du im Internet die offizielle Bedeutung der Karte nachschlägst!
- Lies die ägyptischen, die griechischen, die römischen und die nordischen Sagen!
- Besorge dir ein Tarotdeck deiner Wahl und deute jeden Tag eine Karte.
- Sieh dir Gemälde von John William Waterhouse & Co an und versuche sie zu deuten.
- Sieh dir die großen Fantasy-Filme an und versuche dort, die Symbolik zu entschlüsseln.