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Anleitung: Interpretation von Kurzgeschichten

Einleitung
Die Interpretation von Kurzgeschichten ist für viele Schüler ziemlich problematisch. Sie wissen nicht, wie und wo anfangen, was wichtig ist und an welche Regeln und welchen Aufbau man sich halten muss. Deshalb setzen sie sich nach einmaligem Durchlesen der Geschichte hin und schreiben einfach drauf los. Nicht gut.
Für einen schönen Interpretationsaufsatz braucht man Vorarbeiten und Strategien, mal ganz abgesehen von den Regeln, die ohnehin schon existieren. Hier also eine kleine Anleitung.

 

Inhaltsverzeichnis

Vielleicht interessiert euch auch eine weitere Anleitung: Analyse und Erörterung pragmatischer Texte

 

 


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Interpretation von Kurzgeschichten: Die Optik einer Geschichte – Was muss an einem Text auffallen?

Kapitel 1

Ihr habt euch die Geschichte einmal durchgelesen. Wenn ihr noch nicht genau verstanden habt, was darin vorgeht oder was sie euch sagen soll, ist das nicht so schlimm, viele Texte muss man mehrmals durcharbeiten, bevor einem das entscheidende Licht aufgeht.

Jetzt befasst ihr euch erst mal rein mit der Optik! Gerade in kurzen Geschichten steht kein Wort, kein Satz und kein Absatz zufällig an irgendeiner Stelle. Gewöhnlich steckt hinter allem eine Absicht der Autoren, und wenn es nur eine sinnvolle Voreinteilung in einzelne Textabschnitte ist, die ihr dann gerne übernehmen dürft.

Was muss euch an einem Text auffallen?

Absätze
Aus wie vielen Absätzen besteht die Geschichte? Kennzeichnet sie euch (zum Beispiel mit einer geschweiften Klammer), zählt sie durch und nummeriert sie! Wenn euch gleich ein Schlüsselwort, eine kurze Überschrift oder ein Gedanke für die einzelnen Absätze einfällt, notiert euch das direkt daneben.

Was enthält der Text an Satzzeichen?
Punkte sind normal, die müssen nun mal vorkommen, aber alles andere nicht.

Viele Fragezeichen machen einen Text interaktiv, sie beziehen den Leser mit ein und fordern ihn zum Nachdenken auf. Das freut die meisten Leser und hält sie bei Laune. Man fühlt sich angesprochen.
Deshalb können Fragezeichen auch ein Hinweis auf Manipulationsversuche sein. Ihr wisst schon, wie bei einem Telefonverkäufer, der erst einmal drei banale Fragen stellt, die jeder auf jeden Fall mit Ja beantworten würde.

  • Würden Sie nicht lieber billig einkaufen?
  • Möchten Sie sich lange Wege sparen?
  • Lieben Sie Ihre Familie?

… um dann mit dem entscheidenden Anliegen um die Ecke zu kommen, das hoffentlich auch bejaht wird (Dürfen wir Ihnen unsere Unterlagen zuschicken?)
Fragezeichen sind auch dann praktisch, wenn die Autoren sich selbst eine Frage stellen und sie anschließend selbst beantworten. Wenn ihr darauf achtet, habt ihr eine reelle Chance, zu erfassen, worum es in dem Text geht.

Viele Ausrufezeichen erzeugen eine eher “laute”, gereizte Stimmung im Text. Der Leser fühlt sich entweder angeschrien oder herumkommandiert, das macht eventuell sogar aggressiv. Manchmal entsteht auch der Eindruck von Hysterie, denn mit Ausrufezeichen sollte man eigentlich eher sehr sparsam umgehen. Ihr wisst ja, schon der berühmte englische Autor Terry Pratchett sagt in einem seiner Bücher (sinngemäß): “Wenn mehr als drei Ausrufezeichen hinter einem Wort verwendet werden, ist das ein sicheres Zeichen dafür, dass der Verfasser seine Unterhosen auf dem Kopf trägt.” Das gilt übrigens auch im Internet.

Ausrufezeichen können darüber hinaus natürlich auch als Aufforderung begriffen werden, sie haben eine so genannte Appellfunktion. Hier appelliert jemand an euch.

  • Autofahren unter Alkoholeinfluss sollte grundsätzlich nicht erlaubt sein!
  • So eine Katastrophe darf einfach nicht wieder passieren!

Viele Kommas bedeuten eine Menge Aufzählungen und oft lange Satzgefüge. Das ergibt entweder eine gehetzte und atemlose Lesbarkeit – ein probates Mittel für Übertreibungen (Hyperbeln) und somit für Ironie. Oder ein Text wird dadurch besonders kompliziert und anstrengend zu erfassen.

Gedankenstrich (Spiegelstriche) erzeugen sichtbare Pausen im Text. Zum Luftholen oder zum Nachdenken – das, was dahinter kommt, ist immer wichtig. Seht es euch genau an!

Wie steht es mit der Länge der Sätze?
Beim Überprüfen der Satzzeichen ist euch sicher auch schon aufgefallen, ob es sehr lange oder sehr kurze Sätze gibt. Es gibt Autoren, die das eine oder das andere bevorzugen. Wenn lang oder kurz also durchgehend auffällt, könnt ihr das schon mal als “Stil” notieren. Kommt es nur in einzelnen Fällen vor, müsst ihr später überprüfen, wie es zum Inhalt passt.

Verkürzte, abgehackte Sätze sollen energisch, zupackend, patent und schnell wirken, manchmal aber auch überstürzt und nervös. Und sie befinden sich näher an unserer täglichen Umgangssprache. Lange, verschachtelte Sätze dagegen verlangsamen den Lesefluss, machen Inhalte kompliziert und sprechen oft für Verwirrung, Umständlichkeit und Unentschiedenheit. So kann man gewöhnlich nicht aus dem Stand sprechen.

In der Fachssprache nennt man die Schachtelsätze übrigens Hypotaxe oder hypotaktischer Satzbau. Eine Folge von Satzreihen (Hauptsatz + Hauptsatz) heißt Parataxe oder parataktischer Satzbau, und ganz verkürzte Sätze, in denen Teile ausgelassen wurden, nennt man Ellipsen.

Wortarten
Auch hier lohnt sich genaueres Hinsehen. Kommt eine Wortart bevorzugt vor? Benutzt der Autor/die Autorin besonders viele Substantive, Verben oder Adjektive und Adverbien?

Viele Substantive machen einen Text eher sperrig, unelegant und kompliziert. Man nennt das Nominalstil und im Allgemeinen wird es als schlechter Stil angesehen – aber vielleicht beabsichtigt der Autor/die Autorin etwas damit. Vielleicht möchte er oder sie zum Beispiel den Eindruck einer gestelzten, altmodischen Ausdrucksweise erwecken. Vielleicht ist es aber auch einfach schlechter Stil oder ein Stil, der euch persönlich nicht gefällt, dann dürft ihr das gerne später erwähnen.

Verben dagegen führen zu einem flüssigen, fließenden und dynamischen Stil. Da ist Bewegung im Text und Auge und Hirn folgen gerne.

Adjektive sollte jeder Text im Angebot haben, aber hier kommt es ganz auf die Auswahl an. Manche Autoren erfinden sogar eigene Wörter, um Personen oder Situationen zu ihrer Zufriedenheit beschreiben zu können. Darauf müsst ihr natürlich unbedingt achten! Und auch sonst sollte euch nicht entgehen, aus welcher Kategorie die Adjektive oder Adverbien stammen: Sind sie eher fröhlich? Traurig? Dunkel oder hell? Gut oder böse? Schön oder hässlich? Das sagt natürlich auch etwas über die Stimmung und Atmosphäre der Geschichte oder einzelner Passagen aus.
Sollten Adjektive auffällig fehlen, heißt das andererseits, dass der Autor/die Autorin sehr sachlich bleiben wollte und keinerlei überflüssige Informationen herausgibt.

Wiederholungen
Werden innerhalb einer so kurzen Geschichte, wie ihr sie bekommt, Wörter, Ausdrücke oder Sätze auffällig wiederholt, heißt das niemals, dass der Autor/die Autorin an Alzheimer leidet oder keine Lust hatte, sich etwas anderes auszudenken, sondern dass diesen Erscheinungen eine ganz besondere Bedeutung innerhalb des Textes zukommt. Damit müsst ihr euch also unbedingt auseinandersetzen!

Verschiedene Stilmittel fallen in die Kategorie „Wiederholung“. Hier die wichtigsten, die einem auch rein optisch auffallen können.

Alliterationen
Ich sage es mit dem alten Werbespruch: „Milch macht müde Männer munter“ Kapiert? Alliteration nennt man eine Anhäufung von gleichen Anfangsbuchstaben. Sie kommt eher in leichten, witzigen Texten vor, denn es soll natürlich auch witzig wirken.

Anaphern und Epiphern
Hier handelt es sich um die Wiederholung von Satzanfängen (Anapher) oder Satzenden (Epipher). Das geht mit einzelnen Wörtern oder auch mit Satzteilen. Es müssen nicht brav zwei Sätze hintereinander sein, diese Stilmittel können auch innerhalb eines Satzes auftreten oder zu Beginn von verschiedenen Absätzen eines Textes.

Kapitel 2: Arbeiten mit dem Inhalt – Wer? Wo? Was?

Interpretation von Kurzgeschichten: Arbeiten mit dem Inhalt – Wer? Wo? Was?

Kapitel 2

So, mit all den erarbeiteten Auffälligkeiten im Kopf lest ihr die Geschichte noch einmal durch. Nun geht es um den Inhalt.

Da gibt es zwei Dinge, die ihr können müsst:
Ihr müsst den Ablauf der Geschichte kurz, in der richtigen Reihenfolge und in eigenen Worten nacherzählen können. Und ihr müsst erkennen, um welches Thema es in der Geschichte geht. Wenn ihr eins von beiden nicht könnt, lasst bitte die Finger von der Interpretation und sucht euch eine andere Aufgabe aus! Bei einem Aufsatz gibt es eigentlich nichts Schlimmeres als “Thema verfehlt!”

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Interpretation von Kurzgeschichten – Das Thema

Kapitel 3

Wie findet man heraus, worum es in einer Kurzgeschichte eigentlich geht?

Das ist bei manchen Geschichten schwieriger als bei anderen. Die meisten Geschichten enthalten eine äußere Handlung und eine zweite, innere, die nicht so offensichtlich ist.

Natürlich kann man bei der Kurzgeschichte „An manchen Tagen“ (Quelle: Klett) von Nadja Einzmann schreiben, dass um eine Person geht, die im Bett liegt und selbst auf Bitten der Mutter hin ihr Zimmer nicht verlassen will. Das ist nicht falsch. Aber das ist auch nicht das, worum es eigentlich geht.

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Interpretation von Kurzgeschichten: Zeit und Raum

Kapitel 4

Zeit
Für die grammatische Zeit gibt es nur drei Möglichkeiten: Gegenwart, Vergangenheit, Zukunft.

Eine Geschichte, die im Präsens erzählt wird, bezieht den Leser stärker mit ein, man soll damit das Gefühl haben, direkt beim Geschehen dabei zu sein.

Vergangenheit ist die klassische Variante, so erzählt man Geschichten normalerweise. Wir machen im Deutschen einen Unterschied zwischen dem Präteritum und dem Perfekt, obwohl beides Vergangenheitsformen sind.

Das Präteritum wird normalerweise nur in der Schriftsprache verwendet, das Perfekt dagegen in der Umgangssprache. Beides klingt ungewohnt, wenn man es austauscht. Also sowohl jemand, der euch erzählt: „Gestern las ich ein gutes Buch und trank dazu einen leckeren Tee“, als auch eine Geschichte oder Teile einer Geschichte, die im Perfekt geschrieben wurden: Peter ist ganz heiß geworden. Er hat seinen Mantel ausgezogen und ist leise in sein Zimmer gegangen.

Zeitebene
Natürlich können auch verschiedene Zeitebenen verwendet werden. Die Gegenwart für eine aktuelle Situation und die Vergangenheit für Rückblenden.

Auch der Ablauf einer Geschichte hat etwas mit Zeit zu tun. Den Zockern oder Fans der TV-Serie „24“ wird der Begriff Echtzeit etwas sagen. Dieser bedeutet, dass eine Geschichte in derselben Zeit abläuft, die gebraucht würde, wenn sie tatsächlich passieren würde. Das nennt man in der Literatur zeitdeckende Erzählweise.

Sowohl Film als auch Dichtung haben aber auch die Freiheit, Zeit zu dehnen oder Zeit zu raffen.

Bei der Zeitdehnung wird die Erzählzeit durch Rückblenden, Beschreibungen oder Einschübe des allwissenden Erzählers verlängert.

Die Zeitraffung ist verständlicherweise oft einfach notwendig, man denke an Familiensagas, die sich über Jahrzehnte erstrecken. Die Raffung kann unterschiedlich stark sein. Entweder werden manche Teile einfach kurz zusammengefasst oder auch ganz weggelassen, sodass der Leser selbst darauf kommen muss, dass ein Zeitsprung vorgenommen wurde.

Eine Kurzgeschichte kann alle drei Zeitformen auf einmal beinhalten. Achte also darauf, damit du Aussagen darüber machen kannst.

Raum
Es gibt Theaterstücke oder Filme, die zu 99% einem einzigen Zimmer spielen, man nennt sie Kammerstücke. Auch in Kurzgeschichten kommen meistens keine großartigen Ortswechsel vor. Aber denke daran, dass Orte vom Großen zum Kleinen reichen können: von verschiedenen Ländern bis zu verschiedenen Zimmern innerhalb einer Wohnung.

Kapitel 5: Erzählperspektive

Interpretation von Kurzgeschichten: Die Erzählperspektive – auktorial oder personal

Kapitel 5

Erste Person oder dritte Person?
Ganz leicht zu erkennen ist der Unterschied zwischen einem Ich-Erzähler und einer Erzählung in der dritten Person. Obwohl – vielleicht nicht immer so leicht. Bei Kafkas „Prozess“ tritt oft der Fall auf, dass Schüler mir auf Nachfragen antworten, der Roman sei in der Ich-Perspektive geschrieben.

Das ist er nicht, dafür ist dort ein personaler Erzähler am Werk, der, wie gewünscht, den Eindruck vermittelt, wir würden die Welt einzig und allein durch Herrn K.s Augen sehen, so wie es bei einem Ich-Erzähler der Fall wäre. In diesem Fall so perfekt, dass offenbar bei vielen der Eindruck entsteht, sie würden tatsächlich ein Ich lesen, statt ein Er.

Ein Ich-Erzähler verwendet aber natürlich die Pronomen ich, du, wir und ihr. Mit anderen Worten, es ist eine Geschichte, die jemand über sich selbst erzählt.

Auktorial oder personal?

Eine Geschichte in der dritten Person wird entweder von einem allwissenden Erzähler oder einem personalen Erzähler vorgetragen. Der allwissende (oder auch auktoriale) Erzähler weiß, wie der Name schon sagt, alles über die Personen, Orte und Umstände der Geschichte. Er kennt die Gedanken und Gefühle aller Mitwirkenden.
Ein personaler Erzähler dagegen übernimmt immer nur die Rolle einer Person und erlebt die Geschichte aus ihrer begrenzten Sichtweise, genauso wie bei der Ich-Perspektive.

Aus beiden Perspektiven kann man eine Geschichte spannend erzählen. In einem Krimi ist es zum Beispiel genauso unterhaltsam, mit der Hauptfigur gemeinsam im Dunkeln zu tappen und dem Bösewicht allmählich auf die Spur zu kommen, wie mit dem allwissenden Erzähler zusammen mehr zu wissen als die Personen und sich ständig Sorgen um ihr Leben zu machen, weil man weiß, dass der Killer schon hinter ihnen her ist.

Bei der Ich-Erzählung tauchen oft die berühmten “inneren Monologe” auf, das heißt wir verfolgen mit, was unsere Hauptfigur stumm vor sich hin denkt. Etwas Ähnliches gibt es aber auch in der personalen Erzählweise, nur dass dort in der dritten Person vor sich hin gedacht wird – das nennt man dann “erlebte Rede“.

Beispiele
Innerer Monolog: Wie er mich mit seinen Hundeaugen ansieht! Ich hätte ihm schon vor Jahren die Wahrheit sagen sollen. Gleich wird er gehen, ohne dass er etwas von Egon weiß.

Erlebte Rede: Hätte er das nicht besser machen können? Er sollte wohl lieber gehen.

Kapitel 6: Basissatz, Inhaltsbogen und Überleitung

Interpretation von Kurzgeschichten: Basissatz, Inhaltsbogen und Überleitung

Kapitel 6

Okay, jetzt habt ihr die Geschichte noch einmal durchgelesen und legt euch für den Anfang eurer Aufsätze gleich mal ein festes Muster zurecht: Einen Basissatz und einen Inhaltsbogen.

Im Basissatz sind alle wichtigen technischen Angaben enthalten, sowie das Thema der Geschichte. Also Art der Geschichte, Titel (bitte immer in Anführungszeichen!), Autor/in, eventuell das Erscheinungsdatum und ein oder zwei Oberbegriffe, die die Geschichte auf den Punkt bringen.

Wichtig ist, dass ihr hier nicht anfangt, etwas über den Inhalt zu erzählen, sondern dass ihr kurz und knackig das Thema nennt!

Also nicht: In der KurzgeschichteEtwas anderes” von Britta Hagdorn, die 2010 erschienen ist, geht es um einen Mann namens Markus, der nach der Arbeit in seine Wohnung zurückkommt und einen Zettel auf dem Küchentisch findet, der …

Sondern: In der KurzgeschichteEtwas anderes” von Britta Hagdorn, die 2010 erschienen ist, geht es um Verlustangst und Minderwertigkeitsgefühle.

Diese übergeordneten Themen solltet ihr dann auch den gesamten Aufsatz lang verfolgen. Untersucht bei jedem Absatz, den ihr festlegt, wie die Themen dort behandelt und entwickelt werden. Was bleibt zum Schluss davon übrig? Gibt es eine Lösung? Ist es schlimmer geworden?

Es folgt der Inhaltsbogen. Das bedeutet, ihr erzählt die gesamte Geschichte von Anfang bis Ende in einem oder zwei Sätzen. Das sieht zum Beispiel so aus:

Zu Beginn der Geschichte erleidet ein junger Mann einen riesigen Schreck, weil er glaubt, seine Freundin habe ihn verlassen. Seine Angst davor und die Überzeugung, nicht liebenswert zu sein, sind so groß, dass er erst zum Schluss merkt, dass alles in Ordnung ist.

Nun baut man noch eine kleine Überleitung zum Hauptteil ein. Das ist der Moment, in dem ihr schon mal die wichtigsten sprachlichen Merkmale erwähnen könnt. Das sieht zum Beispiel so aus:

Erzählt wird aus Sicht der Hauptfigur Markus. Er glaubt, von seiner Freundin verlassen worden zu sein. Die Autorin beschreibt ihn, sein Innenleben und seine hysterische Reaktion auf eine Situation, die gar nicht eingetreten ist, anschaulich und mit treffenden Metaphern und Vergleichen. Die vielen Fragen, die im Text zu finden sind, deuten auf einen Entwicklungsprozess hin.

Halt, Halt, sagt ihr jetzt wahrscheinlich – über Vergleiche und Metaphirgendwas haben wir doch noch gar nicht gesprochen! Ja, stimmt, das machen wir später.

Aber vorher noch:
Kapitel 7: In eigenen Worten, bitte!

Interpretation von Kurzgeschichten: In eigenen Worten, bitte!

Kapitel 7

Wiedergabe des Inhalts
Vor dem Interpretieren ist es eure Hauptaufgabe, den Inhalt der Kurzgeschichte zu verstehen und dann verständlich, in der richtigen Reihenfolge und kurz zusammenzufassen. Dafür benutzt ihr so weit wie möglich eure eigenen Worte. Ihr erhaltet keine Punkte, wenn ihr einfach Passagen aus dem Originaltext abschreibt. Das war einmal, in der Unterstufe.

Wenn der Originaltext lautet:
Herbert überwand seine Abneigung gegen den neuen Mitarbeiter und reichte ihm freundlich die Hand.

sollte euer eigener Satz nicht folgendermaßen aussehen:
Die Hauptperson Herbert überwindet ihre Abneigung und reicht dem Mitarbeiter die Hand.

sondern besser so:
Herbert mag einen neuen Angestellten in seiner Firma zwar nicht, aber er begrüßt ihn trotzdem höflich.

In welcher Zeit steht eine Inhaltsangabe?
Ist euch noch etwas aufgefallen? Der Ausgangssatz steht in der Vergangenheit, ich benutze aber in der Zusammenfassung das Präsens. Das muss so sein, Inhaltsangaben stehen immer im Präsens. Bitte achtet streng darauf!

Ein ständiger Zeitwechsel ist ein sehr häufiger Fehler, auch noch im Abitur. Wird die Geschichte in der Vergangenheit erzählt, verfallen viele Schüler bei ihrer eigenen Inhaltsangabe nach jedem erneuten Durchlesen des Originaltextes auch in die Vergangenheit zurück. Das sollte beim gründlichen Korrekturlesen eigentlich auffallen, aber auch da gibt es erstaunlich viele Schüler, die sich das einfach sparen.

Was ist wichtig, was nicht?
Vielen Schülern fällt es sehr schwer, Wichtiges von Unwichtigem zu trennen, und am Ende haben sie eine Nacherzählung geschrieben statt einer Inhaltsangabe. Merkt euch Folgendes:

Sobald ihr anfangt, eigene spannende Adjektive zu benutzen und selbst eine Geschichte erzählt, seid ihr auf dem falschen Dampfer:

In einem hübschen kleinen Dorf in einer anderen Welt wohnt ein abenteuerlustiger Hobbit. Eines Tages steht er morgens auf und hört den Bienen zu, die vor seinem Fenster summen. Dann geht er sich waschen, isst ein deftiges Frühstück, weil alle Hobbits so gerne essen, und arbeitet eine Weile im Garten.

Das mag ja alles stimmen, aber für eine Zusammenfassung ist es viel zu detailreich. Stellt euch mal vor, was ihr in diesen kleinen Schritten noch alles erzählen müsstet, um den Inhalt von “Der kleine Hobbit” wiederzugeben!

Deshalb so:

Ein Hobbit wird von einer Gruppe Zwerge mit auf eine Reise genommen, um einen Schatz aus den Fängen eines Drachen zu befreien.

Kapitel 8: Wörtliche Rede – indirekte Rede

Interpretation von Kurzgeschichten: Wörtliche Rede – indirekte Rede

Kapitel 8

Gespräche erzählen
Sollte im Originaltext wörtliche Rede vorkommen, wenn die Figuren also miteinander sprechen, dann darf das in eurer Zusammenfassung natürlich nicht in dieser Form auftauchen. Ihr müsst mit indirekter Rede wiedergeben, was die Personen sagen – aber wirklich nur, wenn es wichtig ist! Mein Schlüsseltipp ist eigentlich: Sobald ihr anfangt, wörtliche Rede wiederzugeben, seid ihr schon viel zu detailliert für eine Inhaltsangabe.

Herbert wandte sich um und schrie noch an der Tür: “Ich verlasse dich jetzt!” (Wörtliche Rede)

Zum Schluss verkündet Herbert, er verlasse sie. (Indirekte Rede)

Für die indirekte Rede müsst ihr in Grammatik aufgepasst haben, wie Konjunktiv I und II gebildet werden. In der Umgangssprache könnt ihr es machen, wie ihr wollt, aber für Schriftdeutsch existieren feste Regeln.

Kapitel 9: Die Struktur des Hauptteils

Interpretation von Kurzgeschichten: Die Struktur des Hauptteils

Kapitel 9

Der Hauptteil
Struktur ist das A und O eines Aufsatzes. Man geleitet damit den Leser hilfreich durch den eigenen Text. Dafür bekommt ihr Pluspunkte bei der Bewertung!

Struktur erreicht man NIE, wenn man mit ein paar Ideen im Kopf einfach anfängt, den Aufsatz zu schreiben. Wenn ihr eine gute Note haben wollt, müsst ihr euch das abschminken, das macht kein Profi so.

Struktur bekommt man dagegen ziemlich einfach rein, wenn man die richtigen Ausdrücke dafür verwendet. Wir haben schon gesagt, wie wichtig es ist, den Text, noch bevor man anfängt selbst etwas zu schreiben, in einzelne Absätze einzuteilen und diesen Absätzen Überschriften oder Schlüsselwörter zuzuordnen. Nun könnt ihr auf diese Einteilung zurückgreifen und den Inhalt des Textes dieser Reihenfolge nach ausgeben.

(Und falls es jemand gemerkt hat: Ich habe die letzten drei Absätze anaphert.)

Strukturformeln
Am Anfang stehen jeweils die so genannten Strukturformeln. Davon gibt es eine ganze Menge, und es würde mich wundern, wenn ihr sie nicht schon in der Grundschule kennen gelernt hättet. Ein paar Beispiele:

  • Zu Beginn der Geschichte …
  • Anschließend …
  • Am Schluss …
  • Am Anfang des Textes …
  • Wenige Zeilen später …
  • Am Ende der Geschichte …
  • Gleich im ersten Absatz …
  • Im zweiten Absatz …
  • Zu guter Letzt …
  • Im ersten Absatz …
  • Weiter unten …
  • Schließlich …

Im Anschluss an diese Formeln könnt ihr mit einer weiteren Struktur weitermachen. Für die Inhaltsteile nehmt ihr die Figuren, für den sprachlichen Teil die Autoren, je nachdem welche Erzählperspektive vorliegt. Auch hier Beispiele, die sich direkt oben anbauen lassen:

  • … befindet sich die Hauptperson …
  • … beschreibt die Autorin ausführlich …
  • … beschreibt die Hauptperson …
  • … macht der Autor deutlich, dass …
  • … streiten sich die beiden Hauptpersonen …
  • … erklärt die Autorin, wie ….

Zusammengebautes Beispiel: Am Anfang der Geschichte befindet sich die Hauptfigur Markus schon in einem schlechten Zustand. Die Autorin lässt ihn in erlebter Rede zu Wort kommen, nicht in einem inneren Monolog, was eine größere Distanz zur Person erzeugt.

So geht ihr nun also sorgfältig Absatz für Absatz vor. Immer eine Hälfte Inhalt, die andere Hälfte Sprache, dann wird es schön ausgewogen.

Beispiel: Im zweiten Absatz kommt es zum Streit zwischen der Hauptperson und ihrer Mutter. Ina wirft ihrer Tochter vor, sie vernachlässige ihre Kinder, was Ingrid schwer trifft. Sie reagiert mit einem Wutanfall und konfrontiert ihre Mutter mit dem gesamten Ärger, der sich in all den Jahren in ihr angestaut hat.
Dies ist der einzige Textteil, in dem wörtliche Rede vorkommt. Mutter und Tochter treten in einen Dialog miteinander, während sie zuvor eher aneinander vorbei gedacht haben. Die Schreierei zwischen den beiden wird durch viele Ausrufezeichen und den Gebrauch der Umgangssprache anschaulich gemacht. 

Und damit sind wir nun also bei den sprachlichen Besonderheiten angelangt, die ich oben schon erwähnte. Wenn ihr die in eurer Interpretation weglasst, fehlt euch genau die Hälfte der Aufgabe und ihr bekommt auch nur die Hälfte der möglichen Note. Ihr müsst euch also damit befassen, auch wenn’s schwer fällt.

Kapitel 10: Sprachliche Mittel

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