Ein Interview: Annika berichtet von ihren Prüfungserlebnissen

Sicherlich hat jede*r von euch mitgekriegt, dass zwischen Ende Juni und Anfang Juli die mündlichen Abiturprüfungen waren – auch für uns Fernschüler*innen. Annika, die vor mir noch selbst mehrere Monate am Blog des Lernzentrums mitwirkte, hat heuer den Sprung ins Prüfungs-Schlachtgetümmel gewagt und sich erfreulicherweise bereit erklärt, von ihren Erfahrungen zu berichten. Ich habe ihr vorab einige Fragen zukommen lassen, die sie nach der anstrengenden Prüfungsphase beantwortete. Wir haben das Gespräch in drei Themen aufgeteilt: Vorbereitungen, Prüfungsgespräch und die Phase kurz danach. Zusätzlich zu ihren Erfahrungen lässt Annika auch immer wieder Ratschläge miteinfließen. Ich wünsche euch viel Spaß beim Lesen des Interviews!

 

Hallo Annika! Ich freue mich, dass du dir Zeit nimmst, um über deine mündliche Prüfung zu sprechen. Zunächst wollen wir uns deiner Vorbereitungsphase widmen. Auf was sollten deiner Meinung nach die Teilnehmer*innen einer Fernschule dabei besonders achten?
Kontext und Gesamtüberblick. Ich habe mir in den Monaten vor den Prüfungen für jedes Fach digital große „Tafeln“ erstellt, auf denen ich alle Themen zusammengefasst, sie in Kategorien geordnet und Verbindungen zwischen den Themen gekennzeichnet habe. Oft fragten die Lehrer*innen in der Prüfung nach Überbegriffen und dann ist es hilfreich, gleich zu wissen, was alles darunter fällt. Ich sollte zum Beispiel in Ethik den Unterschied zwischen deontologischer Ethik und Utilitarismus aufzählen. Auf meiner Tafel sind deontologische Ethik und Utilitarismus unter dem gleichen Überbegriff, aber mit einem Gegenteilspfeil verbunden. Außerdem hatte ich jeder Strömung des Utilitarismus ein Foto der Person, auf die sie zurückzuführen ist, zugeordnet. Gerade weil ich sehr visuell denke, war es in der Prüfung für mich daher sehr hilfreich, im Kopf die Tafel durchzugehen.

 

Mir persönlich graust es schon vor der Prüfung der zweiten Fremdsprache und ich könnte mir vorstellen, dass es anderen am Lernzentrum auch so geht. Wie liefen deine Prüfungsvorbereitungen in den Fremdsprachen ab?
Ich muss gestehen, dass ich in Fremdsprachen nicht so der Bücher- und Arbeitsheftetyp bin. Stattdessen schaute ich mir häufig Serien, Dokumentationen und Videos auf YouTube an. Ich lerne besser, wenn ich mir in den Sprachen einen Beitrag zu meinen Interessen angucke und die Sprache gleichzeitig höre und mit Untertiteln lese. Außerdem habe ich über die Seite vhs-tandem.de Muttersprachler*innen gefunden, um Sprechen zu üben. Kurz vor der Prüfung übte ich Monologe laut zu sprechen. Dabei hat es mir geholfen, nicht nur Vokabeln zu den wichtigen Themen zu lernen, sondern auch ganze Sätze zurechtzulegen. Mit der Zeit konnte ich die Sätze automatisch immer wieder ein bisschen neu kombinieren und umformulieren.

 

Hattest du kurz vor der Prüfung das Gefühl ausreichend vorbereitet zu sein?
In den Wochen davor schon. Am Abend vor der Prüfung hatte ich jedes Mal das Gefühl, alles vergessen zu haben, aber das war einfach die Aufregung. Davon sollte man sich nicht aus der Ruhe bringen lassen. Am Vorabend ist man einfach unter Strom.

 

Kommen wir zum Eingemachten – den Prüfungsgesprächen. Vermutlich eine überflüssige Frage, aber warst du aufgeregt? Gab es etwas, das dir dagegen geholfen hat?
Das war ganz unterschiedlich, vor manchen Prüfungen mehr, vor anderen weniger. Es hat mir sehr geholfen, die Anfahrt gut zu planen, damit ich keine Angst haben muss, zu spät zu kommen. Außerdem habe ich mir ein paar Fidget Tools eingepackt (Anmerkung der Redaktion: Kleine Spielzeuge, die in der Hand gedreht oder verändert werden und zur Beruhigung und Stresslinderung beitragen können.), denn in der Aufregung finde ich es angenehm, meine Hände beschäftigt zu halten. In den mündlichen Prüfungen hielt ich immer einen Stift in der Hand. Zusätzlich versuchte ich, mich immer wieder daran zu erinnern, dass das Abitur und die Noten nichts über meine Intelligenz aussagen. Das Abitur ist eine Hochschulzugangsberechtigung – kein Maßstab von allem, was man kann. Das hat mir etwas die Versagensangst genommen.

 

Das sind nützliche Ratschläge und am Schluss wahre Worte, gerade auch für die Leute, die heuer vielleicht durch die Prüfung gefallen sind: Bitte vergesst nicht, dass eine Prüfung niemals euren Wert definiert. Ihr seid wertvoll, daran ändert auch eine fehlgeschlagene Prüfung nichts! 😊️ Die nächste Frage stellen sich sicherlich so gut wie alle, die irgendwann mal die Prüfung vor sich haben: Wie kann ich mir den Ablauf eines Prüfungsgesprächs vorstellen? Musstest du z.B. in Mathe an der Tafel vorrechnen?
Die mündlichen Prüfungen liefen fast alle gleich ab. In einem separaten Raum hatte ich 20 Minuten Vorbereitungszeit, um die Prüfungsaufgabe vorzubereiten. Anschließend wurde ich in den Prüfungsraum geführt. Dort saßen immer 3-4 Lehrer*innen in einem Halbkreis vor mir. Zuerst sollte ich in einem zehnminütigen Monolog meine Ergebnisse aus der Vorbereitung präsentieren. Die letzten zehn Minuten wurden mir Fragen gestellt. In Englisch führte ich einen Dialog mit einer Lehrkraft und in Mathe bekam ich eine weitere Aufgabe. Mathe war das einzige Fach, in dem ich meine Vorbereitungsergebnisse unter der Tafelkamera zeigen sollte. An der Tafel selbst musste ich nichts vorrechnen. Die Prüflehrer*innen waren alle sehr nett und in den Fächern, in denen ich zwischendurch etwas auf dem Holzweg war, haben sie versucht, mich durch „Wink mit dem Zaunpfahl“-Fragen auf den richtigen Weg zu bringen.

 

Ist dir aufgefallen, dass die Prüfer*innen auf bestimmte Dinge besonders achten?
Mehr sagen als gefragt, ist eigentlich nie ein Fehler. Ich habe immer auch nochmal das scheinbar Offensichtliche genannt bzw. erklärt, von mir aus Jahreszahlen erwähnt und Hintergrundwissen eingebracht – wenn es zur Frage gepasst hat, ich aber auch nicht spezifisch danach gefragt wurde.

 

Okay, daran sollte man denken. Wenden wir uns dem letzten Teil  zu, die Situation nach den Gesprächen. Hast du dein Ergebnis gleich erfahren?
Ja. Als die Zeit vorbei war, wurde ich für ca. 5-10 Minuten vor die Tür geschickt, damit die Lehrer*innen meine Punktezahl besprechen konnten. Dann wurde ich wieder reingeholt und mir wurde die Note direkt mitgeteilt.

 

Das war sicher ein spannende, aber auch anstrengende Phase. Wenn du nochmal zurückblickst: Gibt es etwas, dass du aus jetziger Sicht bei den Vorbereitungen anders machen würdest, z.B. beim Lernen?
Wie ich oben schon erwähnt habe, würde ich mehr auf den Kontext achten. Außerdem hätte ich im Nachhinein noch früher anfangen sollen, das Gelernte tatsächlich anzuwenden – zum Beispiel Einreichaufgaben machen, selbst wenn ich mir mit dem Stoff noch etwas unsicher bin. Gut wäre es auch gewesen, ich hätte die Inhalte jemandem laut erklärt, um zu merken, ob ich es selbst richtig verstanden habe. Also nicht nur lesen, zusammenfassen und schreiben, sondern aktiver lernen. Und einen Gesamtüberblick über den Lernstoff zu haben, ist das A und O. Rückblickend hätte ich mir deshalb am besten schon viel früher eine digitale Tafel mit Überschrift für jedes prüfungsrelevante Thema machen sollen.

 

Hinterher fallen einen immer noch Details auf, aber letztendlich hast du dich sehr gut geschlagen! Ich bedanke mich ganz herzlich für deine Bereitschaft, uns deine Prüfungserlebnisse zu schildern und bin mir sicher, dass der Bericht vielen Personen bei der eigenen Prüfung helfen wird. 💐️ Für deinen weiteren Weg wünsche ich dir alles Gute und vielleicht sehen wir dich gelegentlich als Ehemalige auf dem Discord! 😊️

1 Stern2 Sterne3 Sterne4 Sterne5 Sterne (12 votes, average: 4,58 out of 5)
Loading...

Schreibe einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert