Anleitung – Textgebundene Erörterung: Grundlagen und Ziele von Texten

Kapitel 3: Intention, Verständlichkeit, Zielgruppe

Versetzt euch einmal in einen Autor oder eine Autorin hinein: Wenn man einen Text für die Öffentlichkeit schreibt, hat man dabei eine ganz bestimmte Absicht, meistens auch eine ganz bestimmte Zielgruppe, und wenn man ein guter Schreiber ist, legt man auch Wert auf Verständlichkeit.

Intention
Wozu schreibt man überhaupt einen Text für die Öffentlichkeit? Welche Absicht verfolgt man damit? Oder mit dem Fremdwort: Was ist seine/ihre Intention? Drei große Ziele (neben dem Verdienen von Geld) kommen dafür in Frage.

  • Man weiß etwas und will dieses Wissen mit anderen teilen. (Information)

Um zu informieren, manipulieren oder zu unterhalten, bedienen sich Schriftsteller typischer sprachlicher Formen, deshalb ist es für einen aufmerksamen Leser mit ein wenig Vorwissen auch gar kein Problem, herauszubekommen, was er da vor sich hat.

Oft erscheinen mehrere Formen zusammen, dann erhält man beispielsweise unterhaltsam verpackte Informationen. Die meisten Texte enthalten sogar alle drei Formen.
Viele Zeitungsartikel wollen informativ sein, aber auch unterhaltsam, damit die Leser bis zum Ende durchhalten, und vielleicht möchte der Autor sein Publikum dabei auch gleichzeitig von seiner eigenen Meinung überzeugen.
Der Essay ist dazu gedacht, die eigenen Ansichten zu präsentieren und zwar auf eine möglichst unterhaltsame Art, die höchst manipulativ sein darf.

Diese Einteilung ist ganz, ganz wichtig!
Den meisten Schülern fällt es schon relativ schwer, Informationen aus einem Text zu entnehmen, weil sie gar nicht unterscheiden können, wann es wirklich Informationen sind, wann es sich dagegen nur um die Privatmeinung des Autors handelt und wann der Autor einfach ein paar launige Zwischenbemerkungen macht. Sie wissen nicht, dass es entsprechende Signalformen für jede Situation gibt. Deshalb gelingt es ihnen oft nicht, zu sehen, ob jemand tatsächlich argumentiert oder einfach nur herumprollt.

Die Einteilung hilft euch außerdem dabei, den Inhalt eines Textes mit der Form in Einklang zu bringen. Bei vielen Abitexten ist es schon ein Problem, herauszufinden, was der Inhalt uns eigentlich mitteilen will. Und während der Analyse auch noch die sprachlichen Mittel stimmig mit einzubeziehen, geht für manche Schüler gar nicht, sie erkennen einfach den Zusammenhang nicht. Dann belassen sie es entweder bei einer Inhaltsangabe und kriegen nur ein Drittel der Punkte oder es fallen Sätze wie: „Der Autor benutzt viele Metaphern.“ oder „Im letzten Absatz sind viele Alliterationen.“ Solche Sätze haben allerdings keinerlei Relevanz, die könnte man auch gleich weglassen.

Deshalb lest ihr euch den Text zunächst einmal im Hinblick auf die obigen drei Kategorien durch. Diese können von Absatz zu Absatz, vielleicht sogar von Satz zu Satz, wechseln oder auch mehrfach vorkommen. Das macht nichts, ihr könnt dann trotzdem viel differenzierter formulieren: „Im ersten Absatz informiert die Autorin zunächst über die aktuelle Faktenlage. Zwei Sätze weiter aber versucht sie bereits, dem Leser ihre eigene Meinung darüber aufzudrängen, indem sie …“

Information

Informationen sollen dafür sorgen, dass die Leser ihr Wissen erweitern und sich über etwas eine eigene Meinung bilden können. Hier steht ganz klar der Inhalt im Vordergrund. Deshalb müssen Informationen sachlich rübergebracht und immer begründet und belegt werden. Beim Informieren kann man nicht einfach irgendetwas behaupten. Also, man kann schon, aber dann ist es eben keine echte Information. Logischerweise findet man die meisten Informationen in Schulbüchern, Lexika & Co.
Merkmale von informativen Texten: Fakten, Fakten, Fakten. Definitionen, Erklärungen, Erläuterungen (also Erklärungen mit Beispielen), Thesen, Begründungen, Schlussfolgerungen, Quellen. Ein „Ich“ tritt in solchen Texten oder Textteilen nicht auf.

Manipulation

Ein Manipulator möchte seine Leser in eine bestimmte Richtung drängen. Er will, dass sie bestimmte Ansichten übernehmen – seine! – und vorgefertigte Schlussfolgerungen akzeptieren. Das kann äußerst witzig sein: im Kabarett und manchmal in der Werbung, aber auch ziemlich schrecklich: bei politischer Propaganda.
Der Manipulator versucht sein Publikum an den empfindlichen Stellen zu packen, er kocht Emotionen hoch, er macht Angst, versetzt in Wut und löst Jubel aus. Und wie ein Zauberer versucht er, damit sein Trick gelingt, von dem abzulenken, was wirklich wichtig ist.
Dazu verfolgt er ganz bestimmte Argumentationsstrategien.
Er strukturiert und rhythmisiert seine Texte, damit sie gut klingen und einprägsam sind. Auf den Inhalt kommt es da oft gar nicht so sehr an. Er verkleidet seine eigene Meinung als Information, also Vorsicht!
Merkmale von manipulativen Texten: sprachliche Mittel der Wiederholung, Vergleiche und Analogien, oft unpassend oder unlogisch. Übertreibungen und Verallgemeinerungen. Auch hier wird eher selten das „Ich“ verwendet, stattdessen „wir“ oder „man“, um eine virtuelle Masse an Zustimmern vorzutäuschen. Entscheidungsfragen werden gestellt und gleich selbst mit Ja oder Nein beantwortet, um dem Publikum diese Entscheidung abzunehmen.

Unterhaltung

Unterhalten kann man sein Publikum, indem man es zum Lachen oder zum Weinen bringt, es erschreckt, ihm etwas ganz Neues oder etwas besonders Originelles vorführt. Natürlich ist Unterhaltung sehr subjektiv. Die Menschen pflegen ihre eigenen Grenzen bei Humor, Trauer und Angst zu haben. Für die einen muss es Blut und Gedärme spritzen, andere bevorzugen einen abenteuerlichen Ausflug nach Mittelerde, manche lachen gerne mit Kishon oder Pratchett und wieder anderen würde es völlig reichen, wenn Benedict Cumberbatch das Telefonbuch von London vorlesen würde.
Autoren haben die Wahl, ob sie sich dem herrschenden Mainstream anpassen oder ihr eigenes Ding fahren. Aber sie haben immer eine bestimmte sprachliche Trickkiste zur Verfügung.
Merkmale von unterhaltenden Texten: Hier müssen Worte sehr viel Mimik, Gestik und möglicherweise Slapstick ersetzen. Wie macht man das?
Zum Beispiel mit Ironie. Ironie entsteht in freier Natur, wenn etwas Gesagtes nicht mit den nonverbalen Zeichen einer Person übereinstimmt. Wenn jemand also beispielsweise sagt: „Das hast du ja toll gemacht!“ und dazu ein ärgerliches Gesicht macht. Schriftlich kann man Ironie sowohl mit Übertreibungen als auch mit Untertreibungen andeuten. Übertreibung erreicht man durch Wiederholungen oder Steigerungen, Untertreibung, indem man z.B. etwas Positives negativ ausdrückt, also mit dem Gegenteil. Ironie kommt in der Comedy auch deswegen so häufig vor, weil sie nun mal großartig dazu dienen kann, sich über andere lustig zu machen, ohne direkt etwas Negatives auszusprechen. kein Wunder, dass sie deswegen auch gerne vom Manipulator verwendet wird.
Ein Publikum fühlt sich angesprochen, wenn eine sehr anschauliche Sprache verwendet wird. Ist diese Anschaulichkeit eher direkt, kann man Beispiele oder Anekdoten aus dem eigenen Leben nehmen. Spricht ein Autor oder eine Autorin lieber etwas subtiler bzw. indirekter, nimmt er oder sie vielleicht Vergleiche, Analogien und Metaphern.
Mit Anspielungen kann man viel Sympathie gewinnen. Leser lieben das Gefühl, dazuzugehören, etwas wiederzuerkennen und etwas zu wissen. Bei Anspielungen greifen Autoren auf aktuelle oder vergangene Kultur, Gesellschaft und Politik zurück. Damit setzen sie bei ihren Lesern natürlich eine gewisse Bildung voraus.

Wenn ihr noch ein bisschen mehr über rhetorische Stilmittel nachlesen wollt, bitte hier klicken!

Kapitel 4: Verständlichkeit und Zielgruppe

 


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