Mündliche Prüfung

Rhetorik – die Kunst der Rede

Mündliche Prüfungen – Präsentationen – GFS

Heutige Schüler müssen viel mehr an der Tafel vortragen. Früher war es ab und zu eine Buchvorstellung, mal freiwillig ein Referat, mehr nicht.

Heute gehört die GFS (Gleichwertige Feststellung von Schülerleistungen) zu jedem Schuljahr dazu, und jeder Schulabschluss beinhaltet eine Präsentationsprüfung in Form eines Referates mit anschließender Abfrage.

Und während es früher meistens genügte, seine Buchvorstellung innerhalb von zwei Minuten in Richtung Boden zu murmeln, wird inzwischen großen Wert auf die Kunst des freien Vortragens gelegt.

Diese Kunst der Rede nennt sich Rhetorik. Man kann sie einsetzen, um ein Publikum zu informieren, es zu unterhalten oder es zu manipulieren.

Das entscheidende Wort dabei ist „Publikum“. Eine Rede, ein Vortrag, eine Präsentation oder ein mündliche Prüfung finden vor einer Jury statt, die nicht nur die Inhalte, sondern auch das Auftreten bewertet. Der Horror schlechthin für die meisten Schüler. Natürlich vor allem deshalb, weil sie es aus heiterem Himmel plötzlich können sollen, obwohl ihnen selten vorher eine brauchbare Einweisung gegeben wurde. Am ehesten sind vermutlich noch diejenigen im Vorteil, die eine Theater-AG besuchen.

Wir haben ein paar Tipps zusammengestellt, was bei einem Vortrag an der Tafel oder einer Präsentation innerhalb einer mündlichen Prüfung zu beachten ist. Es ist nicht jedem in die Wiege gelegt, ein Publikum mitreißen zu können. Aber jeder kann lernen, einen ordentlichen Vortrag zu halten.

Vorüberlegungen

  • Selbstverständlich erscheint ihr immer pünktlich, auch wenn ihr den ersten Termin früh morgens habt. Und ihr seid dann gewaschen, gefönt, rasiert und gefrühstückt.
  • Viele Menschen haben Probleme mit aufdringlichen Gerüchen, vor allem am frühen Morgen. Das bedeutet für euch, dass ihr euch alle folgenden Gerüche an diesem Tag spart: Schweiß, Knoblauch, Alkohol, Parfüm.
  • Die Kleidung wählt ihr so, dass ihr euch darin wohl fühlt, sie euch steht und sie einer Prüfungssituation angemessen ist. Das heißt, keine Übertreibungen zur einen oder anderen Seite. Ihr kommt weder im verratzten T-Shirt und den Löcherjeans, noch im Konfirmationskleidchen mit Highheels oder im Strandoutfit mit Flipflops. Eure Kleidung sollte sauber, gebügelt und zurückhaltend sein. Das bedeutet auch, keine tiefen Ausschnitte, keine bauchnabelfreien Tops mit Spaghettiträgern, keine kurzen Röcke, Shorts oder Hotpants, auch wenn draußen Hochsommer ist. Kopfbedeckungen sind unerwünscht. Ob ihr euch also normalerweise unter Caps, Wollmützen oder Hoodies versteckt, an diesem Tag tragt ihr sie mal für 20 Minuten nicht. Also, achtet auch entsprechend darauf, dass eure Haare ordentlich aussehen!
  • Was Farben angeht, könnt ihr frei wählen. Alles, was ihr mögt und was euch steht. Allerdings vielleicht nicht ganz so papageienmäßig bunt oder experimentell gemustert, ihr seid ja nicht auf einem Laufsteg. Das T-Shirt mit dem Slogan „Mathe ist ein Arschloch“ lasst ihr auch weg.                   Rein farbpsychologisch wirkt schwarz uni immer etwas düster und zornig. Rot versprüht Energie und Dynamik, Blau dagegen Kompetenz und Intelligenz. Ein schönes Sonnengelb kann sehr fröhlich und mitreißend sein. Weiß wird im falschen Licht sehr durchsichtig, bitte achtet darauf.

Natürlich könnt ihr das auch alles ignorieren und so gehen, wie ihr immer geht. Theoretisch darf euch niemand eine schlechtere Note geben, weil ihr ausseht wie ein Vampir. Aber eben – theoretisch. Wie in vielen anderen Situationen auch, zählt hier der erste Eindruck, den die Prüfer von euch gewinnen. Und das sollte ein guter sein, der sich auch auf die weitere Prüfung gut auswirkt. Es geht hier um 20 bis 30 Minuten optimale Präsentation und nicht um eine Zurschaustellung eurer Individualität.

In der Prüfung

Körperhaltung

  •  In den meisten mündlichen Prüfungen sitzt ihr euren Prüfern am Tisch gegenüber. Und zwar eher vorne auf der Kante des Stuhls, mit geradem Rücken und zusammengestellten Beinen. Auf keinen Fall lümmelt ihr euch hinten an der Lehne herum. Dass man nicht kippelt, muss ich hoffentlich nicht erwähnen.
  • Solltet ihr vorne an der Tafel stehen müssen, wie es bei einer Präsentationsprüfung oder einer GFS der Fall ist, stellt euch sicher auf beide Beine. Das Verknoten der Beine hintereinander oder der ständige Wechsel von Standbein und Spielbein erweckt lediglich den Eindruck, ihr müsstet zur Toilette und bringt euch im schlechtesten Fall völlig aus dem Gleichgewicht.  Beobachtet einmal stehende Moderatoren im Fernsehen: Diejenigen, die während eines Vortrags vor und zurück gehen oder von einem Bein aufs andere schwanken, machen ihre Zuschauer nervös, das sieht sich niemand gerne länger an.
  • Sobald ihr fest auf beiden Beinen steht, könnt ihr auch den Oberkörper gerade aufrichten. Stellt euch vor, oben an eurem Kopf sei ein Marionettenfaden befestigt, und der Marionettenspieler würde euch daran hochziehen. Kein Hohlkreuz machen, aber einen festen Bauch und die Schultern nach hinten und unten drücken.

Gestik

  • Arme und Hände sind während eines Vortrags ein Problem Wohin bloß damit? Deshalb sieht man auch so viele Leute, die sich im Gesicht herumfahren, in den Haaren spielen oder sich nervös irgendwo kratzen. Andere wollen den sicheren Weg gehen und stecken die Hände in die Hosentaschen oder verschränken die Arme vor der Brust. Alles normale Anfängerfehler.
  • Gute Ablenkungsmöglichkeiten bzw. Unterbringungsmöglichkeiten für die Hände sind ein Stift oder ein paar Kärtchen, die ihr haltet, das beruhigt. Allerdings nicht bei Leuten, denen vor Aufregung die Hände sehr zittern, das wird durch einen Gegenstand in der Hand nur noch deutlicher sichtbar.
  • Arme und Hände können entweder locker zu beiden Seiten herabhängen oder ihr haltet sie in der berühmten einladenden Geste vor euch auf Brust/Bauchhöhe. Wenn ihr das schön locker macht und die Hände dann im Takt zur eurer Stimme bewegt, sieht das prima aus.  Wenn ihr allerdings die Oberarme an den Körper klebt und die Fingerspitzen beider Hände aneinander legt, wirkt das für einen Schüler eher merkwürdig, weil es sehr steif und pompös rüberkommt. Das gilt auch, wenn ihr mit beiden Händen ständig die gleiche Drehbewegung ausführt. Sieht ein wenig aus wie Luftstricken. Seht euch bei youtube mal ein Video mit Joachim Bublath an – ein großer Strickfreund!
  • Ihr dürft ruhig auch ausladendere Gesten machen, und es sieht gut aus, wenn ihr die Hände unabhängig voneinander bewegt, aber fangt kein Gefuchtel an. Zeigt auf keinen Fall mit dem Finger auf eurer Publikum.

Sprechen

  • Beim Sprechen müsst ihr unbedingt euer Publikum im Auge behalten! Erstens macht man das so, weil es höflich ist, zweitens könnt ihr nur auf diese Art die Reaktionen auf euren Vortrag mitbekommen. Ich weiß, das ist oft genau der Grund, warum viele Schüler lieber NICHT hinsehen. Sie befürchten, Ablehnung oder Ärger auf den Gesichtern ihrer Zuhörer zu sehen. Sofern ihr aber nicht tatsächlich ganz mau vorbereitet und ungeübt kommt, dürfte das kaum der Fall sein. Stattdessen könnt ihr bekräftigendes Nicken oder ermutigendes Lächeln ernten, was sehr motivierend wirkt.
  • Es geht jedenfalls nicht, dass ihr eure Zuhörer ignoriert und stattdessen mit dem Boden, in eure Moderationskärtchen hinein oder irgendwo gegen die Zimmerdecke sprecht. Ihr wendet euch ganz deutlich an die Prüfer oder eure Schulklasse und lächelt sie zwischendurch auch einmal an.
  • Ganz wichtig für euren Vortrag ist auch, dass ihr die Inhalte nicht einfach herunterleiert. Ablesen von den Kärtchen ist sowieso nicht erlaubt, dort sollten nur Stichwörter stehen. Genauso wenig möchten die Prüfer den Stoff auswendig vorgetragen bekommen. Und dann vielleicht noch in einem rasenden Tempo, das deutlich zeigt, wie wenig ihr eure Aufgabe mochtet und wie schnell ihr den Platz an der Tafel lieber wieder verlassen würdet. Auch wenn es euch nicht gefällt – und es gefällt nur den wenigsten Menschen – ihr müsst für die Dauer der Präsentation so tun, als ob!  Das heißt, ihr sollt da vorne ein wenig Spaß und Lebendigkeit ausstrahlen.
  • Dies kann man auch durch eine abwechslungsreiche Sprechweise erreichen. Abwechseln kann man zum Beispiel die Lautstärke oder die Tonhöhe und natürlich die Geschwindigkeit.

Proben und prüfen

Sehr, sehr hilfreich ist es, eine Präsentation vorher einmal vor einem Spiegel oder noch besser einer Kamera zu üben und sich den Film hinterher anzusehen. Für manche ist das der Schock ihres Lebens und sie mögen zunächst einmal weder ihre Erscheinung noch ihre Stimme.

Aber nichts und niemand kann euch beim Korrigieren von Haltung, Gestik, Mimik und Sprechweise besser unterstützen als die neutrale Kamera. Vielleicht fällt euch dann zum Beispiel auf, dass ihr überdurchschnittlich oft das Wort „eigentlich“ oder „so“ benutzt – was für Zuhörer immer nervend und irritierend ist. Dann könnt ihr beim nächsten Üben genau darauf achten.

Kolloquium – die Fragerunde

In einer mündlichen Prüfung und auch nach einer GFS wird man euch noch Fragen zum Thema stellen.

Was tun, wenn dann der Blackout zuschlägt und in eurem Kopf leere Menge herrscht?

Wichtig ist es, das sofort mitzuteilen! Die Prüfer werden euch dann darüber hinweg helfen.

  • Ihr könnt sagen: „Oh, leider habe ich gerade meinen Faden verloren. Könnten Sie bitte die letzte Frage noch einmal wiederholen?“
  • Oder auch: „Es tut mir Leid, ich habe gerade einen Blackout, könnten wir mit einer anderen Frage weitermachen?
  • Oder: „Ich habe Ihre Frage nicht ganz verstanden, könnten Sie sie noch einmal anders formulieren?“
  • Oder ganz offen: „Das weiß ich leider nicht, könnten Sie mir vielleicht eine andere Frage stellen?“

Das bringt euch dann vielleicht keine Eins ein, aber auch nicht gleich eine Fünf. Wichtig ist, dass ihr eure Erstarrung und die Leere im Kopf überwinden und wieder in den Redefluss kommen könnt. Es ist keine gute Strategie, vor Verlegenheit zu sterben und fünf Minuten lang völlig verwirrt etwas zu stammeln.

Mit einer der obigen freundlich und höflich gestellten Fragen könnt ihr diese fünf Minuten dafür nutzen, noch Fragen zu erhalten, auf die ihr die Antworten wisst.

In diesem Sinne wünschen wir allen Prüflingen und Präsentatoren viel Spaß und viel Glück!

Wer vorher bei uns im Hause mal eine Prüfungssimulation machen möchte, ist herzlich willkommen!


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